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Tentakelvilla - Die Fansite zu den Adventures von LucasArts und LucasFilm Games

Die Tentakelvilla - www.tentakelvilla.de

Die Lokalisierung von Adventures

Aus dem Buch: The Curse of Monkey Island von Sven Letzel und René Meyer, 1998, S. 149 - 157

Special: Vom Originalspiel zur deutschen Umsetzung

Für die meisten Kunden ist ein Spielprogramm in einer Sprache, die sie nicht verstehen, nur der halbe Spaß. Mit der wachsenden Verbreitung von PCs sind neue Zielgruppen für Computer-Entertainment entstanden.

Der deutsche Spielemarkt hat sich von einer Nischenbranche zum Massenproduzenten gewandelt, der vergangenes Jahr [1997] für rund 1,2 Milliarden Mark [600 Millionen Euro] PC-Spiele (und damit sechsmal mehr als 1991) umsetzte. Mit Edutainmentsoftware und Videospielen kommt noch eine ganze Milliarde hinzu. Damit macht der Bereich mittlerweile mehr Umsatz als die Tonträgerbranche.

Vom Zeitvertreib für fließend Englisch lesende Technikfreaks und Studenten verschob sich das Bild deutlich in Richtung der Käuferkreise, die sich in ausreichendem Maß mit Kenntnissen einer Fremdsprache beschlagen sind und die Computerspiele in englischer Sprache nur mit Murren oder überhaupt nicht akzeptieren. Nicht zuletzt durch den stark anwachsenden Konkurrenzdruck sind die Hersteller gehalten, ihre Produkte mit dem Markmal "deutsche Version" zu versehen; ihnen ist bewusst geworden, dass die Sprache einer Software ein nicht zu verachtendes Kaufkriterium darstellt: Nur rund 5 Prozent der Käufer erwerben ein englischsprachiges Original.

Während sich vor fünf Jahren [1994] ein Spitzentitel rund 50.000 Mal verkaufte, schaffen einige Spiele heute das Vier- bis Sechsfache. Beispiel: Das Strategiespiel Command & Conquer 2 wurde innerhalb von zwei Wochen in Deutschland über 400.000 Mal an den Mann gebracht - mehr, als in irgendeinem anderen Land, die USA eingeschlossen.

Bei Titeln wie diesem fällt die Entscheidung nicht schwer, eine umfassende Übersetzung vorzunehmen; bei anderen muß abgewogen werden. Ein Spiel, das in den USA gut läuft, kann in Deutschland ein Flop werden, und umgekehrt. Deutschland ist zum Beispiel traditionell eine Hochburg für Wirtschaftssimulationen, während Arcadespiele weniger gut laufen. Schwierig sidn auch Titel mit intensiver Verquickung landesspezifischer Kultur - ein Käpt'n-Blaubär-Spiel dürfte es im Ausland schwer haben.

Lokalisierung

Wenn in der amerikanischen Sitcom Eine schrecklich nette Familie über die Schwarzwaldklinik als Metapher für seichte Unterhaltung fabuliert wird, mag es ein wenig unpassend, vielleicht sogar falsch am Platz wirken. Doch der Ersatz gewährleistet, dass deutsche Zuschauer nicht an einer ganzen Passage hängen, eine Pointe versäumen, weil bestimmte Ereignisse oder Personen unbekannt sind. Ebenso ist es für eine deutsche Sendung angeraten, Namen, die charakteristische Eigenschaften personalisieren - beispielsweise Alice Schwarzer oder Theo Weigel - im Fall des Imports durch geeignete landesspezifische Identitäten zu ersetzen.

Das Problem verschiedener Kulturkreise wird durch die Erweiterung des Begriffs "Übersetzung" Rechnung getragen: Spiele werden (neuerdings) lokalisiert. Das Ergebnis einer optimalen Lokalisierung ist nicht als Übersetzung erkennbar, sondern zeigt sich als vermeintlich deutsches Produkt, mit deutscher Kultur und deutschem Denken. Dazu ist es auch notwendig, amerikanischen Witz und Redewendungen gekonnt zu übertragen - eine Aufgabe für Fachleute, die in beiden Sprachen bewandert sind. Mit wachsenden Kosten für die Entwicklung eines Spiels - mehrere Millionen Dollar sind kein Einzelfall mehr - wächst der Aufwand, der in die Übersetzung gesteckt wird.

So ist es parallel zum zunehmenden Auftreten (populärer) Schauspieler - Virgins Meisterwerk Toonstruck regiert beispielsweise Christopher Lloyd (Zurück in die Zukunft) - inzwischen gute Sitte, auch für die Synchronisation bekannte Sprecher zu wählen. So hauchten bereits die markanten Synchronstimmen von Demi Moore, Sharon Stone, Don Johnson oder Patrick Steward (Star Trek) Spielfiguren Leben ein.

Aufgrund der erhöhten Anforderungen an die Qualität einer Lokalisierung steigt der Aufwand für das Projekt. Genügte es in den 80er Jahren, dass sich Hobby-Übersetzer über Handbuch und Packung hermachten, und wurden in den Anfängen der Sprachsynchronisation auch mal Mitarbeiter des deutschen Lizenznehmers hinter das Mikro gestellt, so wreden heute erfahrene Übersetzer und Agenturen engagiert, Tonstudios gebucht: Bei der Synchronisation von Toonstruck wurden mehr als 20 professionelle Sprecher verpflichtet; an die 150.000 Mark (77.000 Euro) soll die Lokalisierung gekostet haben.

Für den deutschen Markt kommt eine weitere landestypische Eigenart hinzu: die übersensible Reaktion und nationalsozialistische Symbole, resultierend aus der deutschen Geschichte und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, jener grauen Eminenz, die durch Indizierung einem Produkt den Todesstoß versetzen kann. Indiziete Spiele sind massiven Vetriebseinschränkungen unterworfen, die einem Verkaufsverbot ziemlich nahekommen. Um auf dem deutschen Markt Erfolg zu haben, sitzt die Schere im Kopf, werden schonmal aus Soldaten Roboter (Command & Conquer), Szenen geschnitten, da verschwinden Abbildungen. Während in Filmen Hakenkreuze als Symbolisierung des Dritten Reiches keine Seltenheit sind, müssen sie in Computerspielen ersetzt werden. Durch die Bedeutung des deutschen, immerhin weltweit zweitgrößten Marktes wächst der Einfluß der hiesigen Niederlassungen und Lizenznehmer auf den amerikanischen Publisher in dieser Beziehung. In Österreich und in der Schweiz gibt es keine der BPjS vergleichbare Einrichtung, dennoch müssen unsere Nachbarn mit, wenn man es so nennen mag, zensierten Fassungen vorlieb nehmen - ihr Markt ist zu klein für eine separate Lokalisierung.

Nur für wenige Softwarehäuser, beispielsweise die texanische Schmiede id Software, ist diese Art vordergründig freiwilliger Selbstkontrolle unakzeptabel - mit dem Ergebnis, dass ihre 3D-Shooter zwar Kultstatus erlangten, aber auf dem Index stehen.

Aufwand

Für den Produzenten oder deutschen unternehmer einer Spielesoftware stellt sich stets aufs Neue die Frage, ob sich eine deutsche Umsetzung lohnt und wie intensiv sie ausfallen soll. Drei Faktoren werden dabei berücktsichtigt:

1) die zu erwartenden Verkaufszahlen,
2) die Gewichtung von Text und Sprache für die Bewältigung des Spiels sowie
3) der Aufwand der Übersetzung.

Macht es sich der Hersteller einfach, lässt er das Handbuch und die Dokumentation mehrsprachig und die Software im Originalzustand, was für leicht zugängliche Jump 'n' Run- und Ballerspiele in der Regel ausreicht.

Die zweite Stufe umfasst rein deutsche Verpackung und Dokumentation, wobei das Spiel im Original belassen wird. Nicht selten wird bei erfolgreichen Programmen eine übersetzte Software nachgeschoben. So findet sich auf dem Cover von LucasArts-Spielen häufig der Aufkleber "Umtauschmöglichkeit für 30 Mark (15 Euro) in deutsche Version enthalten", der später durch "Komplett deutsch" ersetzt wird - was signalisiert, dass nun auch die Software übersetzt wurde. Mitunter wird am aufwendigsten Vorgang, der Synchronisation von gesprochenen Texten, gespart; fehlenden Englischkenntnisse begegnet man mit deutschsprachigen Untertiteln. Die höchste Kunst ist das lippensynchrone Übersetzen - ein weiterer Schritt des Zusammenwachsens von Spielfilmen und Filmspielen. Im seltensten Fall bietet ein Produzent heute noch schlecht gemachte Übersetzungen an, die in irgendeiner kalifornischen Agentur oder gar durch die Schwester des Grafikers entstanden sind. Trotzdem gibt es immer wieder Beispiele für mißratene Übersetzungen oder fatale Fehler.

Viele Spiele wurden und werden von Entertainmentjournalisten übersetzt, die mehr zufällig an ihre Zweitbeschäftigung gerieten. Ihnen kommt eine große Erfahrung mit dem Medium sowie Stilsicherheit zugute. Pionierarbeit leistete dabei PC-Player-Ex-Chefredakteur Boris Schneider, der seit 1986 vor allem LucasArts-Klassiker wie die ersten beiden Monkey-Island-Teile mit deutschem Text versah. Auch heute wird ein guter Teil erfolgreicher Titel von Publishern wie Sierra, Electronic Arts oder Virgin Interactive durch Journalisten wie Antje Hink oder Rolf D. Busch ins Deutsche übertragen. Daneben haben sich eine Reihe von Agenturen wie Polylang oder Translingua rekrutiert, die sich auf das Lokalisieren von Entertainment-Software spezialisieren, oder, wie die Gütersloher PR-Agentur Take Us!, einen derartigen Service anbieten. Selbst die Großen der Branche, ob Publisher oder Agentur, lassen ihre Aufnahmen in autarken Tonstudios machen. Einige dieser Studios, wie Violet Sound in München, bekommen bereits mehr als die Hälfte ihrer Aufträge von Softwarefirmen.

Die Riege der Lokalisierer hat es nicht leicht, obwohl sie im Übersetzungsakt in der Regel freie Hand haben, solage die Aussage nicht verfälscht wird. Mitunter bedeutet ein Auftrag aber die Präsenz vor Ort, wenn die Arbeits bereits beginnen soll, während das Spiel noch nicht fertig ist. Die räumliche Nähe von Programmierer und Übersetzer bedingt aber eine bessere Zusammenarbeit und schnelleres Auffinden von Fehlern. Weder über die Telefonleitung noch mit Hilfe von Kurierdiensten sind die Megabytes an Daten schnell genug über den Ozean übertragen.

Während die deutsche Version von Command & Conquer sogar etwas früher erschien als die Originalfassung und ein wachsendes Bemühen erkennbar ist, internationale Versionen zeitgleich auf den Markt zu bringen - für Warcraft II wurde zu diesem Zweck ein Flieger gechartert - erscheint manche deutsche Version erst Monate später.

Die Unterstützung der Übersetzung durch die Programmierer köönnte unterschiedlicher nicht sein. Nicht selten muss das Handbuch ins Deutsche übertragen werden, ohne dass der Übersetzer das Spiel zu Gesicht bekommt; nicht selten fehlen auch deutschsprachige Illustrationen, wenn die Dokumentation in den Druck geht. Mitunter ist der zu übersetzende Text mit Platzhaltern gefüllt, so dass sich der Kontext schwer ermitteln lässt.

Der angenehmste Fall ist eine Textdatei mit allen Passagen, deren Übersetzung zurück an die Programmierer geht, die sie im Spiel einbauen. Dabei muss die deutsche Version akribisch geprüft werden: Ist der Text länger, wird mitunter ein Teil einfach abgeschnitten oder er reicht über den Rand des Mitteilungsfensters. Manchmal sind keine Umlaute möglich, und mitunter verstümmeln Programmierer Text, indem aus dem Button "Exit" in der deutschen Version "Verl" statt "Verlassen" ("Rüsselsheim") wird, einfach, weil nicht mehr Buchstaben vorgesehen sind. In dem Spiel Mortal Coil vermurksten die Programmierer den Bildschirmtext zu unverständlichem Kauderwelsch ("kopieren akten zu ihre harte fährt").

Bisweilen ist der deutsche Betrieb auf sich allein gestellt, in einigen Fällen war gar der Quellcode nicht aufzutreiben, und der übersetzte Text wurde direkt über die Originalsätze geschrieben - wobei er kein Zeichen länger sein durfte. Im Extremfall ist die Schrift in die Grafik integriert - was stundenlange Bildarbeitung bedeutet, weil Pixel für Pixel korrigiert werden muss.

Vor allem sind solche Fehler ärgerlich, wenn sie die Bewältigung eines Spiels verhindern. Nicht nur einmal wurde ein Wortspiel mit dem Holzhammer übersetzt, was auf eine falsche Fährte führt: In dem Sierra-Titel Torin's Passage müssen Silben zu einem Satz geformt werden. Aufgrund eines Fehlers in der Übersetzung führt nur eine unlogische Anreihung des Buchstaben zu einem Erfolg.

Kein Wunder, dass es weiterhin Käufer gibt, die Originalsoftware bevorzugen - meist eher verfügbar, oft preiswerter und ungeschnitten, mit originellem Sprachwitz. Allerdings gehen einige Händler dazu über, englische Versionen teurer anzubieten - geringere Stückzahlen bedingen kleinere Margen. Zudem sind die Originale zensierter Spiele besonders begehrt, weil ihnen der Ruf des Verbrechens anhaftet. Fehlerbereinigende Updates für Spiele erscheinen eher (oder ausschließlich) für die englischsprachige Version. Doch wenn die deutsche Version zeitgleich mit dem Original erscheint, hat der nette Händler nebenan nur ersteres im Angebot.

Interview mit Nils Bote

Wie lange hat die Arbeit gedauert?

Allein für Guybrush haben wir 30 Stunden reine Aufnahmezeit benötigt. Die anderen Charaktere haben weitere 45 Audiostunden in Anspruch genommen. Die Aufnahmen waren bereits nach zwei Wochen im Kasten, weil die Sprecher perfekt gebucht werden konnten. Wir haben für das Schneiden und Konvertieren der Samples 15 Tage benötigt, was natürlich parallel zu den Aufnahmen geschehen ist.

Unterschieden sich die Arbeiten von der Synchronisation eines Spielfilms?

Wir arbeiten mit einem professionellen, digitalen Synchronsystem. Das heißt, wir sind in der Lage, Filme, Videosequenzen und Animationen lippensynchron zu bearbeiten. Kein Unterschied also zu einer reinen Filmproduktion. Bei MI3 wurden in etwa 25 Minuten Zwischensequenzen synchronisiert. Im Vergleich zu den 8171 Takes, die im Off aufgenommen wurden - was am ehesten mit der Arbeit an einem Hörspiel verglichen werden kann - nehmen sich die dafür angefallenen HS Takes dann doch eher bescheiden aus.

Wie teuer war der Spaß?

Nur soviel: Es war unglaublich teuer!!!

Was hat der Regisseur für eine Aufgabe?

Eine sehr wichtige. Nur der Regisseur kann entscheiden, ob einzelne Sätze als Dialoge funktionieren - sie werden ja zumeist als "Monolog" aufgenommen. Als schlecht empfunden wird ein Produkt genau dann, wenn der Regisseur sich nicht intensiv mit dem Spiel beschäftigt hat oder mit dem Genre "Computerspiel" an sich nichts anfangen kann - dann klingen die Erläuterungen steif, wirken die Dialoge hölzern, und im schlimmsten Fall reden die Charaktere aneinander vorbei.

Und nach MI3 ging es gleich an das nächste Spiel?

Ja, unser neuestes Projekt Tender Loving Care - Die Versuchung besteht aus insgesamt vier Stunden Spielfilm und wird von uns in Kaarst synchronisiert - unter anderen mit den Stimmen von Jürgen Tormann (John Hurt) und Thomas Vogt (Rupert Everett).

Fragen an Norman Matt, Guybrush Stimme

Guybrush, der Held von The Curse of Monkey Island, wurde von Norman Matt synchronisiert. Matt wurde 1974 geboren und studiert seit 1994 Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft sowie Germanistik und Philosophie. Seit 1983 Sprecher beim WDR, später auch für Werbung und Synchronisation. Arbeitsschwerpunkt liegt heute beim Sprechen und Schreiben sowie gelegentlichen Film- und Fernsehrollen.

Welcher Software hast du vor Monkey Island deine Stimme geliehen?

Einer ganze Menge, zum Beispiel Erben der Erde, Knights of Xentar, Outlaws, Rebel Assault II, Jagged Alliance und noch einige mehr. Außerdem habe ich Übersetzungen und deutsche Synchronbücher für Spiele wie Vollgas, The Dig, Rebel Assault II oder MI3 geschrieben.

Wie unterscheidet sich die Synchronisation eines Films von der Arbeit, die du bei MI3 hattest?

Ein Film wird in Takes unterteilt, sehr kurze Häppchen, oft nur einzelne Sätze oder Wörter, die sich der Schauspieler zunächst im Original ansieht. Dann wird aufs Bild die deutsche Version aufgenommen. Bei den Zwischensequenzen von MI3 haben wir das genauso gemacht, aber die Hauptarbeit waren die 4000 Aussprüche, Kommentare, Erklärungen und Dialoge von Guybrush. Immerhin zwei dicke Aktenordner voll Texte, die wir an insgesamt vier Tagen in einem Wahnsinnstempo aufnehmen mussten, weil - wie so oft - alles auf den letzten Drücker passieren musste.

Bei einem Computerspiel gibt es keine vorgefertigen Szenenabläufe. SEs gibt kaum vorgegebene Dialoge, dafür relativ viele Varianten; das heißt, oft stehen Sätze relativ zusammenhangslos im Skript. Der Sprecher kennt den Zusammenhang oft nicht und ist darauf angewiesen, dass der Regisseur die Szene erklärt. Aber gesehen hat er sie nicht, und jeden einzelnen Dialog kann der Regisseur auch nicht im Kopf haben. Deswegen muss man sehr darauf achten, wie man die Sätze betont, damit sie auch in anderen Zusammenhängen oder Wiederholungen vernünftig klingen. Manche Sätze benutzt Guybrush in unterschiedlichen Szenen immer wieder mal. Deshalb haben wir uns bei den Aufnahmen fast jedes Sample im Original angehört und versucht, die Stimmung zu übernehmen.

Ist es vermessen, von Charakterisierung und dem Einhauchen von Leben zu sprechen, weil praktisch nur Standbilder besprochen wurden?

Guybrush ist das, was er sagt und tut. Was er tut, kann man sehen; was er sagt, kann man hören. Wenn das zueinander passt und schlüssig ist, lebt er. Was wäre Guybrush ohne Ton oder ohne Bild?

Ein Kollege meinte nach der Synchronisation eines Adventures, es sei furchtbar gewesen, und er würde so etwas nie wieder machen wollen. Wie siehst du das? Ist der Anspruch zu gering, oder empfindest du das Arbeiten mit Spielesoftware als angenehme Abwechslung?

Die Arbeit ist schon anstrengender. Das Pensum liegt hoch, man spricht allein (das heißt auch ohne Pause, es gibt keine Unterbrechungen, weil ein Kollege mal spricht), und außerdem wird jeder noch so winzige Schmatzer durch die hohe Kompression der Sprachaufnahmen zu einem dicken Nebengeräusch multipliziert.

Und dabei meine ich Schmatzer, die dabei entstehen, wenn man den Mund aufmacht, nachdem man Kaffee getrunken hat, oder winzige Schnalzer bei Wörtern wie "schließlich", "eigentlich", "wirklich", die bei normalen Aufnahmen niemand hören würde. Die Arbeit an sich ist auch nicht die tollste. Man sitzt den ganzen Tag vor einem dicken Ordner und spricht zusammenhanglos einen Satz nach dem anderen. Hat was autistisches.

Das Ganze kann nur funktionieren, wenn im Team eine gute Stimmung herrscht. Deshalb macht mir diese Art von Arbeit trotzdem Spaß, weil es mit den Softgoldern eben immer lustig zugeht. Auch unter Zeitdruck läuft alles ganz locker ab, und mit all den Versprechern von mir und dummen Sprüchen aus dem Regieraum von Chrisse, Nils und Martin (Regie, Regie, Ton) gibt es eigentlich ständig was zu lachen.

Viele Spieler bemängeln die Qualität von ins Deutsche übertragenen Spielen. Woran liegt das deiner Meinung nach: Sparen die Hersteller an professionellen Sprechern, oder ist die Arbeit zu ungewohnt?

Die haben wahrscheinlich noch keine Spiele in die Hände bekommen, die von Softgold bearbeitet worden sind. :-) Oft wird die Arbeit der Übertragung ins Deutsche sicherlich unterschätzt, vor allem, wo es sich zunehmend nicht mehr um bloße Übersetzungen handelt, sondern eben auch um Lippensynchronisation und ähnliches geht. Und in diesem Bereich haben viele Softwarefirmen natürlich nicht so viel Erfahrung wie die Synchronindustrie, die hohe Maßstäbe vorgegeben hat, was die Qualität von solchen Sachen angeht. Oft sind die Budgets zu klein oder werden klein gehalten, und dann wird tatsächlich meist am falschen Ende gespart: bei den Schauspielern.